Wenn das Baby schreit und schreit …

Etwa 13 Prozent aller Babys sind Schreibabys, d.h. etwa jedes achte bis zehnte. Den Kindern fehlt die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und aus einer schwierigen Situation heraus wieder in einen normalen, ruhigen Wachzustand zu kommen. Von einem Schreibaby spricht man, wenn das Baby an mindestens drei Stunden an drei Tagen in der Woche schreit (Richtwerte) und sich nicht beruhigen lässt. Dann ist es sehr wichtig, zum Arzt zu gehen und abzuklären, dass es keine körperlichen Ursachen dafür gibt.

Alle Babys sind sog. physiologische Frühgeburten. Im Laufe der Evolution wurde das Gehirn, und damit der Kopf des Menschen, immer größer. Damit der Kopf noch durch den Geburtskanal passt, kam es, dass alle Kinder etwa drei Monate zu früh auf die Welt kommen. Ein Neugeborenes kann zunächst nicht viel mehr als Schlafen, ungerichtete Bewegungen, Schreien, Nahrungsaufnahme und Ausscheidung. Damit wird verständlich, dass es leicht zu regulatorischen Problemen kommen kann und viele Babys von der Welt, in die sie hineingeboren werden, schlicht überfordert sind.

Die gute Nachricht ist, dass das Schreien in den meisten Fällen eines Tages aufhört, selbst wenn Eltern schon nicht mehr daran glauben. Nur selten dauert das Schreien das ganze erste Lebensjahr und darüber hinaus.

Dieses Phänomen ist für Eltern oft traumatisch, da es für sie in keinster Weise vorauszusehen ist, was das bedeutet. Oft fühlen sich Eltern hilflos, verzweifelt und körperlich erschöpft. Dazu kann eine traumatische Geburtserfahrung oder postpartale Depression sie aus dem Gleichgewicht bringen.

Die Eltern trifft keine Schuld. Sie machen sich oft unnötig Vorwürfe, dass das viele Schreien an ihnen liegt. Das liegt auch daran, dass das Thema sehr schambesetzt ist. Viele interpretieren das Schreien als etwas, was mit ihrer elterlichen Kompetenz zu tun hat. Manche Kinder sind jedoch einfach leichter von ihrer Umgebung irritiert als andere. Oft gibt es viele Gründe und nicht nur einen.

 

Holen Sie sich Unterstützung!

Wichtig ist, nicht zu denken, man müsse das aushalten. Im Gegenteil: Holen Sie sich bitte frühzeitig so viel Unterstützung, wie es geht: aus der Partnerschaft, der Familie oder dem Freundeskreis. Neben den SchreiBabyAmbulanzen gibt es viele andere Anlaufstellen, außerdem Selbsthilfegruppen und Blogs, in denen man sich austauschen kann.

 

Die körperorientierte Krisenbegleitung steht Ihnen zur Seite, wenn:

  • Sie während der Schwangerschaft in eine Krise geraten
  • Sie eine traumatische Geburt erlebt haben
  • Ihr Baby untröstlich weint
  • Ihr Baby Schlaf- oder Stillprobleme hat
  • Sie sich erschöpft / überfordert fühlen
  • Sie keine Muttergefühle entwickeln können
  • Sie eine postpartale Depression haben
  • Ihr Kleinkind sehr unruhig ist / exzessiv trotzt
  • Sie die Bindung zu ihrem Kind stärken möchten

 

Was fehlt meinem Baby?

Es ist nicht immer leicht, zu erahnen, was das Baby braucht. In manchen Momenten scheint es relativ klar, z.B. nachmittags, wenn die Babys am wachsten sind und am meisten von ihrer Umwelt mitkriegen. Mit dieser Flut an Reizen können manche Kinder schlecht umgehen und schreien dann in den Abend hinein. Wenn ein Kind viel schreit, ist es zwar wichtig, dass sich die Eltern kümmern und das Kind nicht sich selbst überlassen (Bindungsstörung!), aber sie müssen auch nicht sofort eingreifen, um dem Kind eine Chance zu geben, sich selbst zu regulieren. Wer unsicher ist oder auch schon Probleme hat kann beispielsweise im SAFE-Kurs oder bei Beratungsstellen durch Feinfühligkeitstraining lernen, sein Baby zu ‚lesen‘.

Für die gesunde Entwicklung ist ein sicheres und vertrauensvolles auf der Welt ankommen, angenommen werden und behutsames Einleben enorm wichtig. Menschen, die es – mit feinfühliger Hilfe von Bezugspersonen – als Baby oder Kleinkind gelernt haben, aus diesen Situationen selbst wieder herauszukommen (Selbstregulation), zeigen mehr prosoziales und weniger aggressives Verhalten, haben größere Empathiefähigkeiten, sie sind kreativer und ausdauernder bei Leistungsanforderungen, zeigen bessere kognitive Fähigkeiten und mehr Bewältigungsmöglichkeiten in schwierigen Situationen.